Celluci wartete, bis er hörte, wie sich die Wohnungstür hinter Henry schloß. Dann packte er Vickis Arm, um zu verhindern, daß sie ihm Franzbranntwein in die offenen Kratzer an seinem Arm goß und verlangte: „Also los: eine Erklärung bitte."
„Die Erklärung ist eigentlich recht simpel." Sie entwand sich seinem Griff, säuberte die schlimmsten Schürfwunden und schenkte seinen Protestschreien keine Beachtung. „Wir können niemanden zwingen, etwas zu tun, was sein Überleben in Frage stellt."
„Das kannst du mir nicht erzählen. Die Leute entblößen für euch ihren Hals!"
„Die meisten genießen das."
Elf Tote in einem Lagerhaus in Richmond. „Aber einige auch nicht."
Vicki hörte in der Stimme des Detective die Erinnerung an Morde und seufzte. „Wenn Henry jetzt zu Mui ginge, um ihr zu sagen, sie müsse sich stellen, dann würde die Frau auch brav die Wohnung verlassen und vielleicht sogar bis zu ihrem Auto kommen, aber das wäre es dann auch schon. Außer sie hat keinen Funken eigenen Willen im Leibe, wovon wir angesichts der Dinge, die diese Ärztin in ihrer Freizeit so getrieben hat, nicht ausgehen können. Sie würde sich also spätestens dann, wenn sie im Auto sitzt, fragen, was zum Teufel sie eigentlich vorhat. Um sicher zu gehen, daß sie sich wirklich stellt, müßte Henry die ganze Zeit bei ihr bleiben, und das wäre ja nicht gerade der Sinn der Sache, oder?"
„Aber solange er bei ihr ist, redet sie? Dann kann er sie kontrollieren?"
„Wahrscheinlich." Vicki erinnerte sich an den Mafiaboß, der nach der Pistole gegriffen hatte, obwohl sie ihn noch nicht freigegeben hatte. Natürlich machte Henry solche Sachen auch schon viel, viel länger ...
Henry hatte die allumfassende, rund um die Uhr stattfindende Videoüberwachung im Nachbarhaus vergessen, und sie fiel ihm erst wieder ein, als er den Besucherparkplatz schon zur Hälfte überquert hatte. Er hatte sich rasch bewegt, weshalb wohl weder sein Betreten des Hauses noch die Erstürmung der Treppe auf irgendeinem Bildschirm erfaßt worden war. Aber vor Dr. Muis Wohnungstür würde er unweigerlich warten müssen, bis die Frau ihm öffnete, und er wußte beim besten Willen nicht, wie er verhindern sollte, daß man ihn dort filmte. Im 10. Stock verließ er das